Feldpost wissenschaftlich ausgewertet

07.02.2023 Niklas Regenbrecht

Studierende der Geschichtswissenschaften an der Universität Münster kommentieren Kriegskorrespondenz des Landsturmmanns Heinrich Echtermeyer aus dem Ersten Weltkrieg

Lucinda Jäger

Von Juli 1916 bis November 1918 schrieb Heinrich Echtermeyer 57 Feldpostbriefe und Postkarten von der Ostfront an seinen Bruder Bernhard. Als der aus dem westfälischen Halverde stammende Landwirt im Mai 1916 als Landsturmmann in das deutsche Heer eingezogen wird, dauerte der Erste Weltkrieg bereits knapp zwei Jahre.

Heinrich Echtermeyer (vorne rechts) im Kreise seiner Familie – (Fotografie aus Familienbesitz; Fotograf unbekannt).

Aus dem ursprünglichen Bewegungskrieg war an den meisten Kriegsschauplätzen nun ein „Stellungskrieg“ geworden. Echtermeyer reflektiert in den Briefen und Postkarten seine Erfahrungen sowie Beobachtungen in der Ausnahmesituation des Kriegsalltags. Wie in der Korrespondenz von Heinrich Echtermeyer erfüllte Feldpost sowohl für Soldaten als auch für deren Verwandte in der Heimat eine soziale und psychologische Funktion: Sie ermöglichte ein Aufrechterhalten der familiären und sozialen Netzwerke, festigte beidseitig soziale Bindungen. Die Feldpost war vor allem deshalb zentrales Kommunikationsmedium, weil sie portofrei war. Ein tiefergehender Blick in Feldpost-Korrespondenzen erweist sich auch aus wissenschaftlicher Perspektive als gewinnbringend, können doch Feldpostsendungen wichtige zusätzliche Informationen zum Alltag an der Front und in der Heimat liefern.  So wird Feldpost häufig in Untersuchungen als historische Quelle für beispielsweise Sozial- und Kommunikationsgeschichte, Alltagsgeschichte, Mikrogeschichte oder Militärgeschichte genutzt und in vielen Archiven aufbewahrt.

Feldpostkarte Heinrich Echtermeyers vom 12. Juli 1917 (Nachlass Echtermeyer, Familienbesitz).
Feldpostkarte Heinrich Echtermeyers vom 12. Juli 1917 (Nachlass Echtermeyer, Familienbesitz).

In den überlieferten Feldpostbriefen und ‑karten beschreibt Echtermeyer die von ihm erlebte Kriegswirklichkeit, wenn auch häufig – womöglich mit dem Wissen um eine eventuelle Zensur – fragmentarisch oder verklausuliert. Er überdenkt seine Rolle in der Ausnahmesituation des Krieges und schildert sein Fronterleben. In seiner Korrespondenz dokumentiert sich eine fortschreitende Desillusionierung und Kriegsmüdigkeit sowie die Sehnsucht nach der Heimat und seine Trauer, wenn ihn Verlustnachrichten aus eben dieser erreichen. 

Echtermeyers Kompanie, Erinnerungsfoto (Nachlass Echtermeyer; Fotograf unbekannt).

Wer mehr über die Feldpost von Heinrich Echtermeyer aus seinem Nachlass und ihren historischen Hintergrund erfahren möchte, dem/der sei die Veröffentlichung „So will ich dir Gruß aus weiter Ferne schicken.“ Feldpost des westfälischen Landsturmmanns Heinrich Echtermeyer, 1916–1918 von Alexander Kraus und Fabian Köster empfohlen. Sie ist 2021 in der Schriftenreihe „Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster“ erschienen und stellt der Feldpost Heinrich Echtermeyers fünfzehn Kommentare, die von Studierenden des Historischen Seminars der Universität Münster erarbeitet wurden, an die Seite. In ihnen werden einzelne Aspekte der Feldpostbriefe exemplarisch analysiert.

 

Kraus, Alexander; Köster, Fabian: „So will ich dir Gruß aus weiter Ferne schicken.“ Feldpost des westfälischen Landsturmmanns Heinrich Echtermeyer, 1916–1918 (Wissenschaftliche Schriften der WWU Münster: Reihe 10, Bd. 33), Dortmund 2021.

Kostenloser Volltextzugriff aktuell verfügbar unter: https://repositorium.uni-muenster.de/document/miami/6ca8e8b8-9b0a-4bf9-8c29-d857584a7663/kraus_koester_buchblock.pdf

 

Literatur:

Clemens Schwender, „Feldpost als Medium sozialer Kommunikation“, in:  Veit Didczuneit/Jens Ebert/Thomas Jande (Hg.), Schreiben im Krieg – Schreiben vom Krieg. Feldpost im Zeitalter der Weltkriege. Essen 2011, S. 127–138.