Timo Luks
Im Gronauer rock'n'popmuseum ist noch bis Jahresende – und danach an weiteren Standorten, etwa in Bocholt – eine Sonderausstellung zu besuchen, die sich der Discokultur widmet. Als (Gast-)Kurator:innen zeichnen Annette Hartmann und Martin Lücke verantwortlich. Die Ausstellung führt Besucher:innen durch eine fiktive Disco und nutzt die mit einem Tanzlokal verbundenen Funktionsräume – von Einlass und Kasse über Garderobe und Bar zur Tanzfläche und zum WC – als Leitfaden. Thematisch bedeutet das, es geht an der Kasse um das Geschäftsmodell von Discotheken, an der Garderobe um Mode und Styling, an der Bar und auf der Tanzfläche um die Kernbereiche des Entertainments, aber auch um die technische Seite des Musikauflegens. (Ausführungen zum Farbprofil und Storytelling der Ausstellung, die die Illusion einer einzigen Discothek unterstützen sollen, finden sich im Begleitband.)
Bereits an der Kasse lernen die Besucher:innen Dana und Dennis, zwei vom Comic-Künstler Tobi Dahmen gestaltete Figuren, kennen, die sich ihrerseits an der Kasse kennenlernen und von Themenraum zu Themenraum näherkommen. Die beiden sind in einem Stil gezeichnet, der mit einem gewissen Retrocharme nicht unbedingt an zeitgenössische Clubkultur erinnert. Das passt zu einer Ausstellung, die – so jedenfalls mein Eindruck – in leichter Ironie eine Portion Nostalgie versprüht. Sie tut das aber in einer Weise, die Besucher:innen dazu anregt, auch über die eigene nostalgische Besetzung des Themas „Disco“ nachzudenken.
Ob Gott nun ein DJ ist, darüber mag man streiten. Dass er Schwarz und womöglich auch eher eine Frau ist, scheint aus Discoperspektive klar zu sein. Die Gronauer Ausstellung präsentiert den US-amerikanischen Musiker, Komponisten und Produzenten Nile Rodgers sowie die Sängerin Donna Summer als wahrscheinlichste Kandidat:innen. Die Geschichte von Disco als Musikrichtung ist nicht zu trennen von ihren italoamerikanischen, hispanischen, lateinamerikanischen oder Schwarzen Wurzeln. Immer wieder kreuzte sich diese Geschichte mit einer „ethnischen Befreiungsbewegung“ (Anita Jóri). Selbst- und Stilbewusstsein waren in diesem Kontext oft genug politisch.