Christiane Cantauw
Über einen gemeinsamen Aufruf „Koloniales Erbe vom Dachboden: angeschaut und nachgefragt“ der Kommission Alltagskulturforschung des LWL und des Westfälischen Heimatbunds gelangte ein Notgeldalbum in die Kommission, das hunderte verschiedener Serienscheine enthält. Unter ihnen finden sich auch drei Serien – zwei aus jeweils sechs, eine aus acht Scheinen bestehend –, die in Zusammenhang mit dem deutschen Kolonialismus und Kolonialrevisionismus stehen.
Seit den 1880er Jahren brachte auch das Deutsche Kaiserreich ausländische Territorien als sogenannte Schutzgebiete in seinen Besitz, um dort eigene Stützpunkte für Militär und Kolonialwarenhandel aufzubauen, die vor Ort vorhandenen natürlichen Ressourcen auszuplündern und einen Absatzmarkt für deutsche Produkte zu schaffen. Dies ging mit der Unterwerfung, der Vertreibung und der Ausbeutung der dortigen Bevölkerung einher. Ein Ende fand der deutsche Kolonialismus durch Artikel 119 des am 28. Juni 1919 unterzeichneten Versailler Vertrags, der Deutschland den Verzicht auf sämtliche überseeische Gebiete auferlegte. Das Reichskolonialministerium wurde trotz des Verlustes aller Kolonien nicht abgeschafft. Als Kolonialabteilung wurde es im April 1920 dem Reichsministerium für Wiederaufbau angegliedert und vier Jahre später ins Auswärtige Amt überführt. Mit dem Ende der Kolonialherrschaft nahm in Deutschland eine Bewegung ihren Anfang, die sich die Rückgewinnung der Kolonien zum Ziel gesetzt hatte. Sie wurde vor allem von (Kolonial)Vereinen und Verbänden sowie Vertretern der Wirtschaft und der Finanzwelt, aber auch von einer Vielzahl von Politikern fast aller Parteien getragen. Ihr kolonialrevisionistisches Engagement schlug sich in Ausstellungen, (Lichtbilder)Vorträgen, öffentlichen Feiern, Romanen, Bildbänden, Filmen und auch in der Edition von Serienscheinen nieder, die sich bei Sammlerinnen und Sammlern großen Zuspruchs erfreuten.