„Kulturkampf vor der Haustür“. Eine Podiumsdiskussion zum Umgang mit rechtspolitischer Agitation gegen Kulturinstitutionen in Dortmund

23.09.2025 Christiane Cantauw

Podiumsdiskussion „Kulturkampf vor der Haustür“.

Christiane Cantauw

Auf Vorschlag der Kommission Alltagskulturforschung für Westfalen hat der LWL-Kulturausschuss dieses Jahr den Karl-Zuhorn-Preis in der Kategorie „Ehrenamtliche Forschung“ an die Nordstadtblogger aus Dortmund vergeben. Die Preisverleihung durch die Landesrätin für Kultur fand am 8. Juli 2025 statt: „Das selbstgesteckte Ziel, mit ihrem Blog das Gesamtbild der Dortmunder Nordstadt ‚vielfältiger, fairer und ausgeglichener‘ zu gestalten, ist den ehrenamtlichen Nordstadtbloggern beispielhaft gelungen. Die Nordstadtblogger sind ein ebenso kundiges wie alltagsnahes Forum der Berichterstattung, Diskussion und Information in den Bereichen Landeskunde, Lokalgeschichte und Erinnerungsarbeit.“

Um die Arbeit der Preisträger bekannter zu machen, finden in der zweiten Jahreshälfte 2025 verschiedene Veranstaltungen in Westfalen-Lippe statt. Eine dieser Veranstaltungen war eine Podiumsdiskussion am 18. September 2025 im Dietrich-Keuning-Haus in der Dortmunder Nordstadt zum Thema „Kulturkampf vor der Haustür“. Ziel der einladenden Nordstadtblogger war es, mit verschiedenen Kulturschaffenden darüber ins Gespräch zu kommen, wie populistischen und rechtsextremen Angriffen auf Antirassismus in Ausstellungen und in Museumsprogrammen, auf Vielfalt bei Festivals oder auf die Wissenschaftsfreiheit begegnet werden kann. Auf dem Podium saßen Dr. Kirsten Baumann, Direktorin der LWL-Museen für Industriekultur, Dr. Maxa Zoller, künstlerische Leiterin des Internationalen FrauenFilmFestivals Köln/Dortmund aus der Freien Kulturszene sowie Levent Arslan, Leiter des Dietrich-Keuning-Hauses in Dortmund. Krankheitsbedingt musste Karl Banghard, Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums Oerlinghausen, leider absagen.

Die Moderation der Veranstaltung hat Daniela Berglehn aus dem Team der Nordstadtblogger übernommen.

In einem kurzen Impuls zu Beginn der Veranstaltung schlug Elisabeth Timm, Kulturanthropologin an der Universität Münster und Vorsitzende der Kommission Alltagskulturforschung, den Bogen zur Geschichte völkischen Denkens über ‚Kultur‘.

Die Gäste auf dem Podium (und später auch im Publikum) berichteten von ihren beruflichen Erfahrungen mit Drohungen, Anfeindungen und Übergriffen bis hin zu Shitstorms in den sozialen Medien. In allen Sparten bereitet man sich nach den ersten Erfahrungen mit Angriffen mittlerweile routiniert mit abgestimmten Plänen für etwaige Anfeindungen in den sozialen Medien wie bei Veranstaltungen in den Einrichtungen vor Ort vor, oft nach speziellen Fortbildungen. Problematisiert wurde auch, wie immer wieder große Zeitungen, die nicht der rechtsextremen Szene zuzurechnen sind, deren Vokabular und Stoßrichtung aufgreifen und verstärken.

 

Podiumsdiskussion „Kulturkampf vor der Haustür“.

Auch aus dem Publikum wurden Erfahrungen berichtet, etwa Drohungen mit der Störung von Veranstaltungen, die dann Organisationsteams in der Vorbereitung zusätzlich beschäftigen. Das belastet engagierte Personen, auch wenn menschenfeindliche Störungen erfreulicherweise noch nicht Alltag geworden sind. Alle Beteiligten auf dem Podium berichteten, wie sie nach der ersten Erfahrung mit Veranstaltungsstörungen oder Versuchen, rechtsextremen Inhalten öffentlich geförderten Raum zu verschaffen, Hausordnungen überarbeiteten, um auch rechtlich besser vorbereitet zu sein

Als hilfreich sahen alle Podiumsgäste eine noch stärkere Vernetzung innerhalb der Kulturszene und eine unmissverständliche Haltung, die sich klar gegen Menschenfeindlichkeit aussprechen müsse. Wenn Kulturschaffende sich ihre historisch-politische Bildungsarbeit im Sinne einer weltoffenen Gesellschaft nicht aus der Hand nehmen lassen, haben es antidemokratische Bewegungen und Strömungen schwer. Gerade gegenüber jenen Teilen der Gesellschaft, denen Zuwanderung, Empowerment und ganz allgemein Veränderungen Angst machen, gelte es weiterhin offen zu sein und Gesprächsangebote zu machen.

Im Laufe des Austauschs kristallisierte sich außerdem die Spezifik der kommunalen Ebene heraus. Dreh- und Angelpunkt für Ent- und Befremdung von Menschen, aber auch für Kontaktnahme und Vernetzung sind im Nahfeld gelebter Alltag und alltägliches Miteinander. Ein kritischer, gut informierter Lokaljournalismus, der beispielsweise Skandalisierungen mit fundierter Recherche begegnet, und eine engagierte Lokalpolitik schaffen hier Voraussetzungen für eine offene, demokratische Gesellschaft. Zu diesem Feld findet am 20. Oktober 2025 um 19 Uhr eine Podiumsdiskussion zum Thema „Lokaljournalismus: Sargnagel oder Retter der Demokratie?“ statt: Das Team der Nordstadtblogger lädt ein ins Kino Sweetsixteen, im Depot Dortmund. Podiumsteilnehmer sind Hans-Josef Vogel, ehemaliger Regierungspräsident, Katrin Kroemer, Journalistin, Alexander Völkel, Gründer und ehrenamtlicher Redaktionsleiter von Nordstadtblogger und Michael Westerhoff, freier Journalist für den WDR. Moderieren wird Paulina Bermúdez vom Team Nordstadtblogger.

Anmeldung: Per E-Mail bis 16. Oktober unter veranstaltung@nordstadtblogger.de.