Liebe Frau Hase….

09.04.2020

Dieses Bild ist Teil der Post an das Osterhasenpostamt in Ostereistadt. Archiv für Alltagskultur in Westfalen.

Liebe Frau Hase….

Briefe an das Osterhasenpostamt in Ostereistedt

Christiane Cantauw

Seit 1988 öffnet vier Wochen vor Ostern das Osterhasenpostamt der deutschen Post AG im niedersächsischen Ostereistedt, Am Waldesrand 12. Etwa 40.000 Briefe aus dem In- und Ausland treffen hier jährlich ein. Sie sind an den Osterhasen oder an Hanni Hase gerichtet und werden von aktuell 13 MitarbeiterInnen der Deutschen Post AG beantwortet, wenn denn eine Rücksendeadresse angegeben wurde.

Dieser Brief an den Osterhasen ist Teil der im Archiv für Alltagskultur aufbewahrten Post an das Osterhasenpostamt in Ostereistadt.

Mit welchen Anliegen sich die überwiegend im Kindergarten- oder Grundschulalter befindlichen AbsenderInnen der Osterpost 1999 an Frau Hase, Hanni Hase oder den Osterhasen wandten, dokumentiert ein kleines Konvolut im Archiv für Alltagskultur. Es enthält beispielsweise zehn Briefe aus Salzgitter, die sämtlich gleichlautend beginnen: „Liebe Frau Hase, wie geht es Ihnen? Sie haben zu Ostern sicher viel zu tun. Wir haben auch für unseren Osterbazar gebastelt. Er findet am Mittwoch, dem 24.3. statt.“ Nach diesen einleitenden Sätzen sollten die Kinder wohl selbständig noch etwas formulieren und so erfährt man, dass Merve sich schönes Wetter und leckere Süßigkeiten, Kim Frau Hase ein frohes Osterfest und Elru sich „Inline-Skater“ zu Ostern wünscht.

Manche der AbsenderInnen ergänzen ihre Briefe durch kleine Zeichnungen mit bunten Osterhasen, Ostereiern, Osterkörbchen oder Diddl-Mäusen. Neben den Buntstiftzeichnungen, Wasserfarbbildern, ausgemalten Vorlagen und ersten Schreibversuchen der Kinder aus Luckenwalde, Oyten, Frankfurt oder Walderbach finden sich auch Briefe von Erzieherinnen oder von zwei Elternvertreterinnen der Klasse 2d einer Grundschule in Elstorf, die „Hanni Osterhase“ wissen lassen, dass die Kinder der betreffenden Klasse „zum Teil noch alle an den Osterhasen“ glauben.

Dieser Brief an den Osterhasen ist Teil der im Archiv für Alltagskultur aufbewahrten Post an das Osterhasenpostamt in Ostereistadt.

Die Briefe an Hanni Hase dokumentieren den Wandel des Osterfestes zum Geschenktermin, der allerdings 1999 noch sehr von Ostereiern (ob nun aus Schokolade oder nicht) und Süßigkeiten dominiert war. Die an der ein oder anderen Stelle geäußerten Wünsche nach Inline-Skates, Fahrrädern, Hunden, Katzen, Modellschiffen, Nintendo-Spielen, Büchern, CDs, Kuscheltieren oder Diddl-Blöcken zeigen aber auch die wachsende Bedeutung von Ostern als Geschenktermin, der ebenso wie Weihnachten und das Nikolausfest von einem anonymen Geschenkebringer bespielt wird. Dass die Kinder sich um diesen so allerlei Gedanken machen, geht auch aus den Briefen hervor. So fragt sich Sabrina, was der Osterhase eigentlich in der Zeit macht, „wo kein Ostern ist“ und wie er es schafft in so kurzer Zeit die ganzen Ostereier zu verteilen. Christina hofft, dass der Osterhase keinen „Unfall baut“ und eine schöne Heimreise hat und nicht nur Adrian möchte den Osterhasen gern kennenlernen und wünscht sich ebenso wie Sebastian, dass der Osterhase ihn besucht. 

Die Briefe ans Osterhasenpostamt zeigen auch, wie weit die Kinder (oder die sie anleitenden Erwachsenen) das System von Gabe und Gegengabe verinnerlicht haben. Hanni Hase erhält für seine resp. ihre Bemühungen um die Ostergeschenke stets eine Gegengabe in Form eines freundlichen Briefes, von Zeichnungen, von ausgedachten Geschichtchen oder Schilderungen, wie der/die AbsenderIn das Osterfest zu verbringen pflegt.