Vorgestellt und Aufgebaut

16.08.2019

In der Ausstellung „Vorgestellt und aufgebaut“ wird die vordergründige Idylle des Mühlenhofmuseums historisch-kritisch auf den Prüfstand gestellt. (Foto: Christiane Cantauw)
Die Inhalte der Plakatausstellung, die die Musealisierung des Münsterlandes im Freilichtmuseum Mühlenhof seit den 1960er Jahren thematisiert, wurden von Studierenden des Lehrforschungsprojekts von Prof. Dr. Elisabeth Timm erarbeitet. (Foto: Christiane Cantauw)

Vorgestellt und Aufgebaut: Die Musealisierung des Münsterlands im Freilichtmuseum Mühlenhof seit den 1960er Jahren

Studioausstellung gewährt Einblicke in die Geschichte des Mühlenhof-Museums

Christiane Cantauw

Für den Masterstudiengang Volkskunde/Europäische Ethnologie an der WWU Münster wird immer auch ein zweisemestriges Lehrforschungsprojekt angeboten, welches die Studierenden mit Arbeitsfeldern unseres Faches praktisch in Kontakt bringen soll. 2018/19 haben sich die Studentinnen unter der Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Timm mit der Geschichte des Mühlenhofs in Münster beschäftigt. Was dabei herausgekommen ist, zeigt eine Studioausstellung, die noch bis zum 10. November im Webers Kotten (Mühlenhof Freilichtmuseum) zu sehen ist.

Bereits der Titel der Ausstellung deutet an, dass sich die Ausstellungsmacherinnen intensiv mit Fragen der Authentizität des Gezeigten und mit der Zielsetzung des Museumsgründers Theo Breider auseinandergesetzt haben. Auf insgesamt 14 Plakaten dokumentieren sie verschiedene Aspekte aus der Geschichte des Mühlenhofs und klären Fragen z.B. nach der Herkunft der Gebäude, nach der Bedeutung der Giebelzier am Gräftenhof oder nach dem identitätspolitischen Engagement von Museumsgründer Theo Breider. Unterbrochen wird die Plakatausstellung von einigen Zitaten, die sich ebenso wie die Texte und Fotografien dem intensiven Quellenstudium der Studierenden verdanken. 

Gekreuzte Pferdeköpfe als authentische Giebelzier und germanisches Kulturerbe werden als Geschichtsklitterung entlarvt. (Foto: Christiane Cantauw)

Entlarvend ist in diesem Zusammenhang beispielsweise ein Zitat aus dem Bericht über die Instandsetzungsarbeiten an der Bockwindmühle von Architekt Albrecht Siebert, wo es heißt, dass in Form der Mühle eine „>einzigartige Schönheit< zurechtgebastelt [wurde], die vielleicht in Disneyland recht am Platze gewesen wäre.“ In der Tat, galt im Mühlenhof vielfach der Grundsatz, ‚was nicht passt, wird passend gemacht‘ (Gräftenhof, Bockwindmühle, Schuhmacherwerkstatt), der auch in den 1970er Jahren schon nicht mehr so recht zu dem passte, was an den Universitäten gelehrt wurde und was sich damals in anderen wissenschaftlichen Freilichtmuseen als Standard herausbildete. In diesen Zusammenhang passt auch das Lob aus dem Mund des münsterschen Kaufmanns Bernhard Schulze-Wilmert, der Theo Breider 1972 bescheinigte, Dank „seiner Persönlichkeit“ sei „der ein wenig sterile Charakter eines Museums erst gar nicht entstanden“.

Indem er auf die spezifische Zielsetzung Breiders anspielte, hat Schulze-Wilmert mit diesem Ausspruch vielleicht unabsichtlich den Kern der Sache getroffen, stellt sich doch die Frage, was der Absolvent eines zweiwöchigen Kurses der Reichswerbeschule (1938) mit dem idyllischen Dorfensemble eigentlich erreichen wollte. Theo Breider hat den Mühlenhof zu einem Treffpunkt für politische und freundschaftliche Netzwerke der Münsteraner Stadtgesellschaft gemacht, ihnen eine pittoreske Kulisse für unterschiedliche Anliegen geboten und sich selbst zu einem zentralen Ansprechpartner in einem identitätspolitischen Heimatdiskurs gemacht. Mit historisch-kritischer Museumsarbeit hatte das alles nichts zu tun. Diese Erkenntnis mag in Hinblick auf den Veränderungsprozess, den das Museum gerade durchläuft, von einigem Nutzen sein, ermöglicht sie doch eine ungeschönte Ist-Aufnahme, die am Anfang jeder Neugestaltung stehen sollte.

Die Ausstellung bietet Museumsbesucherinnen und –besuchern die Chance, sich mit den Vorstellungswelten hinter der aufgebauten Fachwerkidylle auseinanderzusetzen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 10. November 2019 im Freilichtmuseum Mühlenhof zu sehen.

Öffnungszeiten: Täglich von 10 bis 18 Uhr