Eine Ausstellung über einen der berühmtesten Zauberkünstler des 19. Jahrhunderts im Stadtmuseum Münster

26.05.2023 Marcel Brüntrup

Bernd Thier

Kaum jemand wird Alexander Heimbürger alias Herr Alexander unter seinem echten oder seinem Künstlernamen kennen und wissen, dass er 1819 in Münster in Westfalen geboren wurde und zu seiner Zeit einer der berühmtesten und einflussreichsten Zauberkünstler der Welt war. Eine Ausstellung im Stadtmuseum Münster geht nun seiner Geschichte und seiner Wirkung auf Zeitgenossen und die Nachwelt nach.

Herr Alexander, als Chinese verkleidet, lässt eine Schale mit Goldfischen auf der Bühne erscheinen, Zeitungsausschnitt vom September 1846 aus einer Tageszeitung aus Boston (USA) aus dem Scrapbook (Zeitungsausschnittbuch) von Alexander Heimbürger, Harry Ransom Humanities Research Center, The University of Texas, Austin (USA), aus dem Nachlass von Harry Houdini (Harry Houdini papers box 61, folder 3) (Foto: Harry Ransom Humanities Research Center, Austin).

Unter dem Titel „Die magische Welt des Herrn Alexander“ widmet sich die aktuelle Ausstellung Johann Friedrich Alexander Heimbürger (1819–1909), der zwar nur zwölf Jahre (1840 -1852) unter den Künstlernamen Alexander bzw. Herr Alexander professionell als Zauberkünstler auftrat, aber trotzdem zu den berühmten und wegweisenden deutschen Zauberkünstlern des 19. Jahrhunderts gehört. Wie beachtlich sein Ruhm in Amerika war, zeigt sich u. a. daran, dass Herman Melville (1819–1891) ihn 1851 in seinem berühmten Roman Moby Dick erwähnt. Da sein Name in Europa jedoch kaum bekannt war, fehlt er z. B. in der deutschen Übersetzung.

Aus einfachen Verhältnissen stammend, erzauberte sich Heimbürger bereits als junger Mann auf Tourneen in Norddeutschland sowie vor allem in Nord- und Südamerika Anerkennung, Ruhm und ein kleines Vermögen. Nach seiner Rückkehr aus Übersee 1852 legte er den Zauberstab aus der Hand und setzte sich mit erst 33 Jahren in seiner Heimatstadt zur Ruhe. In Münster gründete er eine Familie und später eine kleine Firma. Außerdem erwarb er Grundbesitz und beschäftigte sich fortan zum Zeitvertreib mit verschiedenen physikalischen und mechanischen Themen. Er organisierte gelegentlich Wohntätigkeitsveranstaltungen, bei denen er einige Kunststücke vorführte, meist hielt er aber Vorträge, zum Beispiel über Automaten. Seine 1882 erschienene Autobiographie machte ihn auch in Münster wieder bekannter. Nach seinem Tod 1909 im hohen Alter von fast 90 Jahren geriet er in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch weitgehend in Vergessenheit.

Alexander Heimbürger (1819–1909), Lithographie von Heinrich Senefelder, datiert 1841, mit Widmung von Alexander Heimbürger „Ein herzliches Lebewohl! Celle d. 10. Oct. [18]43, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Portr. II 2286 (Foto: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel)

Nur im Kreis von Zauberenthusiasten waren er und seine Zauberkunst nach wie vor bekannt. Sie bewahrten die Erinnerung an ihn und erforschten seine Lebensgeschichte. Dem Zauberkünstler Peter Mika, der die Grabstätte Heimbürgers vor dem Verfall bewahrte, ist es zu verdanken, dass man Anfang des 21. Jahrhunderts in Münster und darüber hinaus wiederentdeckte.

Das Stadtmuseum Münster erinnerte bereits 2009 mit Objekten aus der Sammlung Mika in einer kleinen Präsentation an Alexander Heimbürger. Die neue, umfangreichere Ausstellung greift nun 14 Jahre später auf wichtige Quellen zurück, die damals noch nicht zur Verfügung standen: 2019 erschien die Biographie Heimbürgers von Peter Mika, 2020 begann die Edition der zuvor unzugänglichen handschriftlichen Tagebücher von Alexander Heimbürger und seinem Bruder August (1829–1856) und 2022 wurden Teile von Heimbürgers Nachlass in Austin in Texas (USA) entdeckt. Sie stammen aus dem Besitz des Magiers und Entfesselungskünstlers Harry Houdini (eigentlich Erik Weisz, 1874–1926), mit dem sich Heimbürger gegen Ende seines Lebens angefreundet hatte. Heimbürgers sogenanntes Srapbook, eine Art Zeitungsausschnittbuch mit unzähligen eingeklebten Artikeln aus der Zeit in Amerika zwischen 1843 und 1852, liefert neue und bisher unbekannte spannende Informationen. Sie ermöglichen es nun, einen erweiterten Blick auf Herrn Alexander und seine große Zeit auf einer langen Reise um die halbe Welt zu werfen.

Alexander Heimbürger: Ein moderner Zauberer. Tagebuchblätter von Alexander. Münster 1882, 2. Band, 2. Auflage, Stadtmuseum Münster (Foto: Stadtmuseum Münster, Sarah Kottmeier)

Besonders der Aspekt seiner Reisen durch Norddeutschland und dann vor allem zehn Jahre lang durch Nord-, Mittel- und Südamerika wird in der Ausstellung thematisiert. Mitte des 19. Jahrhunderts waren solche Reisen echte Herausforderungen:  Das belegt unter anderem eine Postkutschenkarte aus dem Jahre 1830, in der die Reisezeit in Stunden zwischen den einzelnen eingezeichneten Orten angegeben ist. Die Geheimnisse hinter den vielfach verblüffenden Illusionen Heimbürgers werden in der Ausstellung zwar nicht gelüftet, aber durch Beschreibungen und wenige überlieferte Abbildungen ist es möglich, in die unbekannte Welt der historischen Zauberkunst einzutauchen. Diese war geprägt durch Taschenspielereien und Ablenkungen auf der einen und komplexe chemische und physikalische Spezialkenntnisse auf der anderen Seite.

Zu sehen sind in der aufwändig inszenierten Ausstellung unter anderem die originalen Tagebücher Alexander Heimbürgers sowie Material aus dem Nachlass seines Freundes Harry Houdini. Über QR-Codes abrufbar können die Besucher:innen auf ihren Handys in den gescannten Tagebüchern und den publizierten Transkriptionen blättern und lesen. Zu hören sind außerdem Textpassagen aus einem modernen Hörspiel über Herrn Alexander.

Alexander Heimbürger: Das Zauberbuch. Illustrierte Taschenbücher für die Jugend Nr. 16, Stuttgart / Berlin / Leipzig o. J. (um 1925), Zaubermuseum Bellachini, Sammlung Wittus Witt, Hamburg (Foto: Stadtmuseum Münster, Sarah Kottmeier)

Abgerundet wird die Präsentation von historischen Plakaten, Zauberkästen, Grafiken und Büchern aus dem Bellachini Zaubermusen des Zauberkünstlers Wittus Witt aus Hamburg. Gut illustriert wird so auch eine kleine Geschichte der Entwicklung der Zauberkunst im 18. und 19. Jahrhundert, welche die Genres der Taschenspieler, Budenzauberer, Salonzauberer und als künstlerischen Höhepunkt der Bühnenzauberer umfasst.

Den Auftakt der Ausstellung bildet eine kleine und unscheinbare Akte zu einem Prozess gegen den der angeblichen schädlichen Zauberei angeklagten Everd Heggemann aus Münster aus den Jahren 1614/1615. Sie stammt aus den Kriminalakten der Stadt im Zusammenhang mit den zahlreichen Hexenprozessen. Es grenzt fast an ein Wunder, dass schon zwei Jahrhunderte später Menschen von sich selbst behaupteten, „echte Zauberer“ zu sein und natürliche Magie bewirken zu können und dafür nicht verfolgt wurden. Vielmehr wurden diese bekannten und vielfach berühmten Zauberkünstler für ihre Auftritte mit viel Geld entlohnt.

Zur Information:

Die Ausstellung: „Die magische Welt des Herrn Alexander. Der weltberühmte Zauberer aus Münster“ ist bei freiem Eintritt noch bis zum 10. September 2023 im Stadtmuseum Münster (Salzstraße 28, 48143 Münster) zu sehen.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erscheinen:

Lena Hortian / Bernd Thier, Die magische Welt des Herrn Alexander. Der weltberühmte Zauberer aus Münster, Begleitband zur Ausstellung im Stadtmuseum Münster, Hamburg 2023.

Verlag Magische Welt, ISBN 978-3-947289-80-6, Format 21 x 21 cm, 48 S., 42 Abb. Der Katalog ist für 6,50 Eur im Stadtmuseum Münster, beim Verlag Magische Welt in Hamburg (8,50 Eur incl. Versand), sowie im Buchhandel erhältlich.