Christiane Cantauw
Was sagen uns Namen? Sind sie „Schall und Rauch“, wie Dr. Faust bei Goethe behauptet, oder können sie uns wichtige Hinweise auf Vergangenes geben? Haben sie uns jenseits von Wortbedeutungen etwas mitzuteilen? Wie kann die Beschäftigung mit ihnen aussehen, welche Quellen können dabei herangezogen werden?
Diese und viele weitere Fragen standen im Zentrum eines Workshops, der am Samstag, 22. November 2025, im Blauen Saal des Sauerland-Museums in Arnsberg stattfand.
Zu Beginn führte Gisbert Strotdrees in die Welt der Flurnamen ein, die – wie sich zeigen sollte – nicht nur unseren Vorfahren räumliche Orientierung geboten haben. Strotdrees stellte bereits 2017 mit der Publikation „Im Anfang war die Woort“ unter Beweis, dass Flurnamen mitnichten nur etwas für einen kleinen spezialisierten Wissenschaftlerkreis sind. Im Gegenteil: Flurnamen haben all denjenigen etwas zu sagen, die sich für ihre räumliche Umgebung und deren Veränderung interessieren. Oft zeigt sich, dass Flurnamen ein erster Fingerzeig auf historische (Rechts-, Wirtschafts-)Verhältnisse, Werthaltungen und gesellschaftliche Verfasstheiten sind (wie das in der Praxis aussehen kann, führt beispielhaft Sebastian Kreyenschulte in seinem Beitrag im Magazin Graugold vor). Zudem scheint in mündlich überlieferten Flurnamen der Sprachgebrauch einer vorschriftlichen Zeit durch, aus der es ansonsten kaum Quellen für die Sprache der kleinen Leute gibt. So berechtigt das Interesse an einzelnen scheinbar bemerkenswerten Namensschöpfungen ist, weil sie Identität schaffen, so sinnvoll ist es, nicht nur auf einen Ort, sondern auf das Wort und seine Wortteile zu schauen, wie es der Flurnamenatlas der Kommission für Mundart- und Namenforschung macht. Dann erst fügen sich „Mark“, „Hagen“, „Liet“ und „Ohl“ zu historischen Landschaften und deren Nutzung durch die Menschen. Eingriffe in die natürliche Umgebung, gesellschaftliches Oben und Unten, Bedrohungen und Subsistenzgrundlagen scheinen auf. Nicht immer sind es indes die großen Themen, die sich in den Flurnamen niederschlagen, sondern auch der Wunsch nach Orientierung, die der Buchenliet (ein mit Buchen bestandener Abhang) oder der Kilometerbusch (ein kilometerlanges Wäldchen) bieten und geboten haben.
Thematisch passend fügte sich der Beitrag des Historikers Christof Spannhoff an, der über Ortsnamen nicht nur (aber auch) im Sauerland informierte. Auch hier stellte sich schnell heraus, wie gewinnbringend es nicht nur für die Sprachforschung, sondern auch für an Geschichte, Archäologie und Genealogie Interessierte sein kann, sich intensiver mit den Namen von Städten, Dörfern und Weilern auseinanderzusetzen. Vielfach erweist es sich, dass in den Ortsnamen längst Vergangenes konserviert wurde und dass man gut daran tut, sie als einen ersten Hinweis auf eine Wüstung (Kalthof), eine konkurrierende Burg (Altena – „allzu nah“?) oder eine bestimmte Wirtschaftsform (-bracht) zu nehmen. Es zeigte sich aber auch, dass es in diesem Feld manche Fallstricke gibt und die Entschlüsselung von Ortsnamen oft vertiefte sprachwissenschaftliche Kenntnisse voraussetzt. Und nicht immer gibt es nur eine Meinung, wenn es um die Herleitung eines Ortsnamens geht – auch das war eine wichtige Erkenntnis des Workshops.