Andreas Eiynck
Ein jüdischer Knabe als Anlass für das Weihnachtsfest – das passte so gar nicht in die Gedankenwelt und die Ideologie der Nationalsozialisten. Und da Weihnachten in der abendländischen Kultur so tief verankert ist wie kein anders Fest galt es, am Weihnachtstermin ein „Julfest“ angeblich germanischen Ursprungs als Alternative zum christlichen Weihnachtsfest zu institutionalisieren. Christliche jahreszeitliche Symbole und Rituale sollten durch nationalsozialistische Zeichen und Festformen ersetzt werden.
Um das zu erreichen, setzte man den auf eine breit gefächerte Propaganda: Mit einer Fülle von Informationsschriften und Handreichungen für Vereine und Verbände, Schulen und Kindergärten, Gruppen und Familien versuchten die entsprechenden NS-Organisationen Weihnachten in einen neuen Sinnzusammenhang zu stellen und den nationalsozialistischen Julfestkult zu verbreiten. Die Leitlinien waren dabei offensichtlich vorgegeben von der Kulturabteilung in der Reichspropagandaleitung der NSDAP. Verbreitet wurden sie über Organisationen wie die NS-Frauenschaft und die Abteilung Volkskunde/Brauchtum der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude, aber auch durch Sportverbände und die Organisationen der Truppenbetreuung im Zweiten Weltkrieg. Hinzu kamen die NS-gesteuerten Zeitschriften und Buchpublikationen wie die ab 1939 jährlich in hoher Auflage zum Weihnachtsfest erscheinende Schrift „Deutsche Kriegsweihnacht“.