Abschied nehmen – Sterben, Tod und Trauer

27.09.2022 Niklas Regenbrecht

Einblick in die Ausstellung - Einführung.

Am Sonntag, dem 18. September 2022, ist in den Museen der Stadt Lüdenscheid die Ausstellung „Abschied nehmen – Sterben, Tod und Trauer“ eröffnet worden. Wir haben mit der Kuratorin Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt über die Ausstellung gesprochen.

Einblick in die Ausstellung - Ausstellungseinheit Trauerkarten Kondolenzkarten.

Das Thema Sterben, Tod und Trauer in historischer Perspektive zu zeigen, ist sehr anspruchsvoll. Welchen Zeitraum nimmt die Ausstellung in den Blick?

V.B.: Die Schau umfasst mehr oder weniger die letzten 200 bis 250 Jahre. Die meisten der Objekte stammen aus dem 19. Jahrhundert. Das älteste Exponat ist auf das Jahr 1681 datiert. Es handelt sich dabei um ein Epitaph einer Stiftsdame aus dem Damenstift in Lippstadt. Unsere jüngste Leihgabe gehört zum Equipment für das Modern Embalming, einer Technik zur übergangsweisen Leichenkonservierung. Die Spannbreite der Themen ist also recht groß.

Einblick in die Ausstellung - Ausstellungseinheit Kinderbeisetzungen - Sternenkinder.

Welche Themen werden in der Ausstellung angesprochen, was konnte nicht gezeigt werden?

V.B.: Die Ausstellung widmet sich den Fragen: Wie gingen die Menschen in der Vergangenheit mit dem Sterben um? Welchen Stellenwert hat es heute in einer säkularisierten und weltanschaulich differenzierten Gesellschaft? In acht Kapiteln behandelt die Schau unterschiedliche Aspekte der Trauerkultur wie die Jenseitsvorstellungen, die Vorsorge und die Verfügungen für den Todesfall sowie die Totenfürsorge und die Hospizbewegung. Beim letzten Abschiednehmen geht es u.a. um die Trauerkleidung und den Beerdigungskaffee. Totenzettel und Kondolenzpost dokumentieren die Tradition des Abschiednehmens. Weitere Kapitel beschreiben den Wandel der Friedhöfe vom Gottesacker zur Parkanlage sowie zu den alternativen Bestattungsformen beispielsweise in den Friedwäldern. Thema ist auch die Erinnerung an die Toten anhand von Gedenktagen, Post-mortem-Fotografien und dem Gedenken an gefallene Soldaten. Im letzten Kapitel geht es sowohl um die Bestattungsinstitute als auch um andere Berufe, die rund um den Tod angesiedelt sind.

Einblick in die Ausstellung - Ausstellungseinheit Gedenken an die Toten.

Zur Auflockerung der herrschenden Routine trägt auch der Einfluss anderer Kulturen und Religionen bei. In unserer Schau wird dies nur anhand von Bildmaterial dokumentiert. Bis auf Leihgaben zur Totenwaschung im Judentum fehlen dazu leider aussagekräftige Exponate. Doch einer Wanderausstellung sind immer Grenzen gesetzt; eine heißt: Der 7,5 t-LKW muss, was Gewicht und der Lademenge betrifft, ausreichen. Die Sonderausstellungsflächen der Museen, die unsere Ausstellungen übernehmen, sind in der Regel meist nur 100 bis 150 Quadratmeter groß. Wir müssen uns also immer beschränken. Großexponate mit auf Tour zu nehmen, geht einfach nicht.

Einblick in die Ausstellung - Ausstellungseinheit Urnenbegräbnis Kolumbarium.

2012 gab es in der ARD eine Themenwoche zum Thema „Tod und Sterben“, auch im Film, in den Printmedien und in der Fachliteratur der Kulturanthropologie/Europäischen Ethnologie ist das Thema sehr präsent. Ist da noch Raum für eine Ausstellung?

V.B.: Die museale oder mediale Lust am Tod verträgt sich oft nicht mit der Unfähigkeit, dem realen Tod ins Auge zu sehen. Die Ausstellung möchte anregen, sich mit Sterben, Tod und Trauer auseinanderzusetzen. Sie sind Teil unserer Kultur. Der LWL als überregionaler Kulturakteur versucht immer wieder, mit seinen Ausstellungen Kulturgeschichte Westfalens für breite Gruppen der Bevölkerung niedrigschwellig erfahrbar zu machen und Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Veränderungen in diesem Bereich zu ermöglichen sowie Impulse für individuelle Entscheidungen zu geben. Das ist auch Ziel dieser Schau. Es ist eine „stille“ Ausstellung, die dazu anregen soll, auch einmal in sich hineinzuhorchen.

Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert. Was sind die nächsten Stationen?

V.B.: Nach den Museen der Stadt Lüdenscheid, wo die Schau am 13. November 2022 endet, wird sie in sieben weiteren Stationen zu sehen sein. Es sind dies das kult – Kultur und lebendige Tradition in Vreden, das BauernhausMuseum Bielefeld, das Städtische Museum Herford, das RELiGIO in Telgte, das Mindener Museum, das Stadtmuseum in Lippstadt/Galerie sowie das Museum Hexenbürgermeisterhaus in Lemgo.

Kuratorin Verena Burhenne und Gertrud Welper, die stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung, bei der Ausstellungseröffnung.

Du hast zu Beginn Deiner Tätigkeit im LWL-Museumsamt eine Ausstellung zum Thema Kindheit konzipiert. Schließt sich jetzt der Kreis?

V.B.: Meine erste Schau, als ich vor über 30 Jahren beim LWL-Museumsamt anfing, hatte mit „Kein Kinderspiel – das erste Lebensjahr“ den Anfang des menschlichen Lebens im Blick. Mit „Abschied nehmen – Sterben, Tod und Trauer“ schließt sich für mich, zumindest was die Ausstellungen anbelangt, ein Kreis auf der Lebenstreppe „von der Wiege bis zur Bahre“. Das hat sich aber zufällig so ergeben und war keinesfalls so geplant.

Das Interview führte Christiane Cantauw

 

Übrigens:

In Lüdenscheid ist die Ausstellung noch bis zum 13. November 2022 zu sehen. Informationen über die weiteren Stationen der Ausstellung gibt es unter https://www.lwl-museumsamt.de/de/ausstellungen/abschied-nehmen.

Ebenfalls unter dem Titel „Abschied nehmen – Sterben, Tod und Trauer“ gibt es einen 240 Seiten starken Ausstellungkatalog, der neben dem Katalogteil auch einen Aufsatzteil mit 13 Beiträgen enthält. 12 verschiedene Autorinnen und Autoren konnten dafür gewonnen werden. Der Katalog ist über das LWL-Museumsamt und überall dort, wo die Ausstellung Station macht für 14,00 Euro erhältlich.