Das Gogericht „zum Homborn“ zwischen Borken und Ramsdorf

06.07.2021 Dorothee Jahnke

Der aufgestaute Teich am Homborn. Foto: Andreas Eiynck.

Andreas Eiynck

 

Häufig befanden sich mittelalterliche Gerichtsplätze an Quellen, die in vorchristlicher Zeit vermutlich eine mythische Bedeutung hatten. Daran erinnert etwa die Gerichtsstätte „Sandwelle“ (Welle = Quelle) für das oberste Gogericht des Münsterlandes, deren Gerichtsort in der offenen Landschaft zwischen Burgsteinfurt und Metelen lag. Auch das Gogericht „zum Homborn“ (Born = Quelle) zwischen Ramsdorf und Borken war nach einer Quelle benannt. Am Nordwesthang der ca. 100 m hohen „Berge“ östlich von Borken entspringt der Reiningbach, ein südlicher Nebenfluss der Bocholter Aa. Seine vier Quellnischen liegen in einem Waldgebiet unmittelbar am Weg von Borken zum Lünsberg. Die Quellbäche und die steilen Uferhänge werden unter dem Namen „Homborn“ zusammengefasst. Das nur ca. 2,8 Hektar große Gelände ist seit 1950 ein Naturschutzgebiet.

Ökologisch betrachtet sind die Quellen des Reiningbaches etwas Einzigartiges. Viele der heute in ihnen vorkommenden Kleinlebewesen sind nur noch inselhaft verbreitete Reliktarten. Diese besiedelten die Gewässer zu einer Zeit, als im hiesigen Raum Gletscher und Zwischeneiszeiten die Landschaft prägten. Sie entwickelten sich im Laufe der Zeit zu sogenannten Quellspezialisten, die sehr sauberes Wasser benötigen und gegen Beeinträchtigungen empfindlich reagieren. Sind Quellen durch Verunreinigungen erst einmal geschädigt, so ist eine vollständige Wiederherstellung oft nicht mehr möglich. Typische Quellenbewohner sind neben Steinfliegen, Schmetterlingsmücken- und Köcherfliegenlarven auch Quellschnecken und Kieselalgen.

Der Homborn ist aber auch ein ausgesprochen geschichtsträchtiger Ort, denn hier tagte im Mittelalter ein Gogericht. Seine Gerichtsbarkeit gehört ursprünglich wohl zur Herrschaft Lohn und kam 1316 an den Bischof von Münster. Das Gericht war verbunden mit den Haus Barnsfeld bei Ramsdorf, einem Dienstmannslehen des Bischofs. Hier hatte zunächst die Adelsfamilie von Werenze ihren Sitz und um das Jahr 1300 die Familie von Barnsfeld, die das Gericht jedoch an die Grafen von Geldern verkaufte. Darüber kam es zur Fehde mit dem Bischof von Münster, der seine Gerichtsbarkeit auf dem Homborn schließlich behaupten konnte. Er verpfändete das Gericht zum Homborn an die Herren von Heiden, die es 1373 an die Herren von Gemen abtreten mussten. Später besetzte der Bischof den Richterstuhl mit beamteten Juristen.

Zum Bezirk des Gogerichtes zum Homborn gehörten die Gerichte in Borken, Gescher, Stadtlohn und Südlohn. Meistens waren mehrere dieser Richterstühle mit der gleichen Person besetzt. Der Richter nannte sich dann „Gogreve ton Homborn“ (1491) mit den entsprechenden Zusätzen, später „Gograff und Richter des Ampts auffm Brahm“ (1586). Das Gericht trug nun die Bezeichnung „Das Gericht zum Homborn auf’m Braam“ oder „Gogericht Homborn, Amts aufm Braam“. Dieses Amt auf dem Braam war ein Verwaltungsbezirk des Fürstbistums Münster im Westen des Münsterlandes. Zum Gogericht zum Homborn gehörte auch eine eigene Hinrichtungsstätte, die sich weithin sichtbar auf dem benachbarten Lünsberg befand.

Das Gogericht zum Homborn bestand bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts und wurde dann im Rahmen der damaligen Justizreformen aufgehoben. Der genaue Ort des Gerichtsplatzes ist heute im Gelände nicht mehr eindeutig bestimmbar. Seine Lage am Quellgebiet Homborn ist aber durch den Namen und weitere Archivalien hinreichend dokumentiert.

Den Homborn erreicht man über die Hauptstraße von Gemen nach Ramsdorf. Die Zufahrt führt an einer Reihe von Fischteichen vorbei zu einem Parkplatz, von dort aus sind Wanderwege durch das romantische Gelände ausgeschildert. Das Quellgebiet ist mit einer Erläuterungstafel versehen.

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