„Es war eine großartige Fahrt!“ Hedwig Kruse erobert Rom (Teil 1)

02.07.2021 Dorothee Jahnke

Dias, Notizen, ein Reisetagebuch, eine Reihe von Ansichtskarten und viele Unterlagen mehr dokumentieren die Reise von Dr. Hedwig Kruse nach Rom. Foto: Christiane Cantauw, Archiv für Alltagskultur.

Christiane Cantauw

 

16 Jahre nach ihrer ersten Romreise im Jahr 1950 zog es Fräulein Dr. Hedwig Kruse erneut in die Heilige Stadt. Auch von dieser Reise hat sie umfangreiche Reiseunterlagen hinterlassen, die einen Vergleich zur Romfahrt im Heiligen Jahr zulassen und Einblicke geben in das Reisen in den 1960er Jahren.
Wichtigste Quelle für die Rom-Reise der Osnabrücker Lehrerin Hedwig Kruse ist ein 45-seitiges Reisetagebuch in Form eines Din-A-5 großen Schulheftes, in das sie offenbar täglich Eintragungen machte. Des Weiteren liegen von dieser Reise eine einseitige Aufstellung über die Inhalte zweier Dia-Filme (Film 1 fehlt), ein großformatiger Busfahrplan von Rom, ein 84-seitiger Führer durch Sankt Clemens von Leonard Boyle o. P. aus dem Jahr 1964, 19 nicht beschriebene Ansichtskarten, 118 selbst fotografierte und 55 gekaufte Dias sowie ein Aufsatz über das Grab des Heiligen Petrus von Richard Gutzwiller (abgedruckt in: Der Große Entschluss, 7. Jg., März 1952, Verlag Herold) vor.
 

Über die Eindrücke und Unternehmungen vor Ort reflektiert Hedwig Kruse in ihrem Reisetagebuch. Foto: Christiane Cantauw, Archiv für Alltagskultur.

Anders als bei ihrer ersten Romfahrt handelte es sich bei der Reise im Jahr 1966 wohl um eine Individualreise, die Hedwig Kruse gemeinsam mit einer Reisegefährtin namens Clärchen unternahm. Während die Fahrt 1950 mit dem Reisebus erfolgte, reisten die beiden Frauen 1966 mit dem Flugzeug an. Die detaillierten Notizen, die Hedwig Kruse zum Hin- und Rückflug machte, legen nahe, dass es sich um ihre erste Flugreise handelte. Die Anreise erfolgte am 1. April 1966: Zunächst ging es mit dem Zug von Osnabrück (Abfahrt 9:21h) nach Düsseldorf, dort bestiegen die beiden Frauen eine Boeing 727, die sie nach München brachte. Von München ging es dann mit der „Deutschen Lufthansa“ nach Rom. Die Landung in Rom war gegen 16h.

Die Verpflegung auf den beiden Kurzstreckenflügen war – verglichen mit heute – durchaus opulent. Auf dem Flug nach München gab es einen „Imbiß bestehend aus 1 Scheibe Brot mit Schinken und 2 mit Roastbeaf, hübsch garniert mit viel grünem Salat. Nachspeise: Obstsalat. Als Getränk wurde (…) Johannisbeersaft verabreicht.“ Auf dem Weiterflug nach Rom wurden „Gebratenes Hühnchen mit etwas Selleriesalat, kalif. Aprikosenpfirsich mit Sahne. Kaffee (Als Beigabe: Brötchen 2 Butter, kleine Tütchen mit Pfeffer + Salz)“ (S. 2) gereicht.

Zur großen Freude von Hedwig Kruse bestand während des Flugs über die Alpen zumindest teilweise recht gute Sicht, so dass sich den Fluggästen ein „Großartiger Blick auf die Nordalpen, insbes. auf das Karwendelgebirge + Innsbruck“ (S. 1) bot. 

In Rom untergebracht waren die Reisegefährtinnen in der Villa Mater Dei, gelegen am Fuß des Monte Gianicolo in der Via della Mura Aurelie 10. Seit 1931 befindet sich das Haus im Besitz der Ordensgemeinschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung, die 1851 von dem in Münster 1811 geborenen und dort 1844 zum Priester geweihten Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler und der zum Katholizismus konvertierten Adligen Friederike Amelia de la Roche-Starkenfels in Finthen (heute: Stadtteil von Mainz) gegründet worden war. Es ist das Generalat der Kongregation, eines der geistigen Zentren dieser weltweit karitativ aktiven Gemeinschaft päpstlichen Rechts, die direkt dem Papst unterstellt ist. Einen Teil der Villa Mater Dei vermieten die Vorsehungsschwestern, vorrangig an Priester, die im Vatikan arbeiten, und an Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz, wenn sie in Rom weilen. Offenbar nahmen die Ordensschwestern in ihrem Haus auch Privatgäste auf. Was 1966 die Unterbringung kostete, geht aus Hedwig Kruses Reisetagebuch leider nicht hervor. Anscheinend gehörte zur Unterbringung auch eine Abendmahlzeit. Jedenfalls vermerkt Hedwig Kruse dies für den ersten Abend in ihrem Reisetagebuch. Die in einem großen Speisesaal gemeinsam eingenommene Mahlzeit diente wohl auch dem gegenseitigen Kennenlernen der Gäste und der Hausbewohner. Dementsprechend schreibt Hedwig Kruse in ihr Reisetagebuch: „Zum Abendessen 19.30 gingen wir in den Speisesaal + hatten mit den anderen Gästen, dem „Monseignore“ (Hausgeistlichen) einer Schwester + einer Mindener Dame allerhand Plaudereien darüber, wie man Rom erobert.“ (S. 3)

 

Fortsetzung folgt!