Inge Wienecke
„Minske, wat schmickt de Zigarr fin, de kann doch nur ut Vlauthe sin!“ (Mensch, was schmeckt die Zigarre fein, die kann doch nur aus Vlotho sein!“) – diese Werbung nutzten Vlothoer Zigarrenfabriken noch bis in die 1970er Jahre. Der Heimatverein Vlotho gab jetzt ein Buch über Vlotho als Zigarrenstadt heraus, das diesen Titel trägt.
Vlotho war wegen seines Hafens lange vor Bünde ein Zentrum der Zigarrenproduktion. Das wird noch heute im Stadtbild von Vlotho erkennbar an 13 beeindruckenden Villen ehemaliger Zigarren- „Barone“.
Die prachtvollste Villa war die des Fabrikanten Schöning. Repräsentativ am Amtshausberg gelegen, galt sie als Wahrzeichen Vlothos.
Was hat es mit dieser Villa auf sich? Willi Schöning, Neffe und Nachfolger des Firmengründers Friedrich Schöning, ließ sie 1898 bauen. Die Zigarrenindustrie prosperierte in dieser Zeit. In dem 1846 an der Weser errichteten Lagerhaus aus Horststeinen lagerten oft 15.000 Tabakballen. Diese kamen in die Fabrik an der Langen Straße, wo das Personal Zigarrenwickel herstellte und mit schönem Deckblatt außen umrollte.
Ab 1880 erfolgte das weitgehend in Heimarbeit. In den Familien waren auch die kleineren Kinder im Einsatz, obwohl die Arbeit von Kindern unter 12 Jahren seit 1853 verboten war. Aber in den Wohnungen konnte man es nicht kontrollieren.
Die fertigen Zigarren sortierte das Personal nach Farbtönen und verpackte sie in Zigarrenkisten. Der Sortiersaal im dritten Stock der Zigarrenfabrik Schöning besaß nur Fenster nach Norden, denn das war „das ehrlichste Licht.“ Hier befindet sich heute das Heimatmuseum Vlotho. Aufwendige Zigarrenkisten aus Zedernholz, mit teuren Bildern beklebt, zeugen hier von dem „Kult“, den man beim Zigarrenrauchen betrieb. Das schönste Bild befindet sich jeweils an der Innenseite des Deckels, weil man Zigarren in der geöffneten Kiste anbot.