Zeichen für Haus und Besitz. Hausmarken waren die Erkennungszeichen von damals

12.01.2021 Dorothee Jahnke

Hausmarken an einem Bürgerhaus von 1730 in Billerbeck. Foto: Andreas Eiynck.

Andreas Eiynck

 

Sie finden sich an Häusern und Möbelstücken, auf Werkzeugen und Schützenplaketten, auf Fensterbierscheiben und kirchlichen Ausstattungsstücken. Hausmarken waren einst das Zeichen schlechthin für eine Familie und ihren Besitz. Denn in Zeiten, in denen die meisten Menschen des Schreibens und Lesens noch nicht kundig waren, konnte sie sich Zeichen viel besser merken als eine Folge von Buchstaben. Darum nannte man Hausmarken auf Plattdeutsch auch „Merk“. Selbst heute stehen ja entlang unserer Straßen leicht erkennbare Verkehrszeichen und nicht Verkehrsschilder mit langen Texten, weil man Zeichen leichter und schneller erfassen kann als Wörter.

Anfangs markierten die Menschen mit Hausmarken ihre Gebrauchsgegenstände wie Hausrat oder Werkzeuge. Als Brandzeichen verwiesen sie auch auf die Besitzer des Viehs.

Die Zeichen durften in ihrer Form und Zusammensetzung nicht allzu kompliziert gestaltet sein, sonst wurde es schwierig, sie mit einem Messer einzuritzen oder sie in anderen Materialien darzustellen. Daher bevorzugte man einfache Formen aus wenigen Linien. Häufig wurden sie über mehrere Generationen beibehalten. Zwischen Eltern und Kindern oder zwischen mehreren Geschwistern variierte man die Zeichen durch zusätzliche Striche und Winkel. Mit den germanischen Runen, die ja ebenfalls aus Strichen zusammengesetzt sind, haben die Hausmarken nichts zu tun, denn sie stammen aus einer viel späteren Zeit.

Hausmarken auf Grabsteinen an der Großen Kirche in Burgsteinfurt. Foto: Andreas Eiynck.

Eine besondere Gruppe sind die „sprechenden“ Hausmarken. Ihre bildliche Darstellung nimmt Bezug auf den Familiennamen, etwa ein Blumentopf für Pott, ein Baum für Böhmer oder eine Eiche für Zur Eick. Später, als immer mehr Menschen Schreiben und Lesen konnten, ergänzte man die Zeichen um Initialen. Die Darstellungen orientierten sich nun zunehmend an lateinischen Großbuchstaben.

Hausmarken oder Merks eigneten sich für verschiedene Zwecke. Man konnte mit ihnen Verträge unterzeichnen und selbst die Notare führten Hausmarken in ihren Notariatssiegeln. Reiche und angesehene Familien in Stadt und Land benutzten im 17. und 18. Jahrhundert Hausmarken als Wappenersatz. Wo Adelige an Haus und Besitz ihre Familienwappen anbrachten, stellten sich Bürger und Bauern mit ihren Hausmarken dar: eingeschnitzt am Torbogen und auf wertvollem Mobiliar, eingegossen und eingraviert auf Metallgegenständen, eingehauen auf Herdsteinen und Grabplatten, eben überall dort, wo es galt, Stand und Besitz der Familie repräsentativ darzustellen.

Seit dem 16. Jahrhundert gravierte man Hausmarken auf viele Plaketten an den Königsketten der Schützenvereine. Hier ist eine Zuweisung der Zeichen zu den örtlichen Familien einfach, weil neben den Hausmarken in aller Regel auch die Namen der Könige angegeben sind. Daher bilden Schützenplaketten ein wichtiges Hilfsmittel zur Identifizierung von Hausmarken auf anderen Gegenständen.

Im 17. und 18. Jahrhundert finden sich Hausmarken in Westfalen auf Gegenständen vielfältiger Art. Häufig sieht man sie auf den kunstvoll bemalten Fensterscheiben dieser Zeit, seltener auf repräsentativen Möbeln, ferner an Ausstattungsstücken für Kirchen und öffentliche Gebäude, wobei die Hausmarken den jeweiligen Stifter bezeichnen. Auf Bronzemörsern wurden sie eingegossen oder eingraviert und machten die wertvollen Stücke damit unverwechselbar.

Die Verwendung der Hausmarken bricht in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts plötzlich ab. Dies hängt sicherlich zusammen mit dem Ende der Repräsentationskultur der Barockzeit und der Hinwendung zum nüchternen Stil des Klassizismus. Anstelle von geheimnisvollen Zeichen bevorzugte man nun Inschriften, die Auskunft über Herkunft und Stand gaben. Das Ende der Hausmarken dokumentiert aber auch den Wandel von der Welt der Bilder und Zeichen zur Schriftkultur bei breiten Bevölkerungsschichten auch auf dem Lande.

Im 19. Jahrhundert gerieten Merks und Hausmarken weitgehend in Vergessenheit. Erst im Zeitalter des Historismus wurden sie als repräsentatives Familienzeichen zur Dekoration von Stammbäumen, Hof- und Familienchroniken neu entdeckt.

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