Sebastian Schröder
„Meines Lebens schönster Traum hängt an diesem Apfelbaum!“ Bitterliche Tränen vergoss die Witwe Bolte in Wilhelm Buschs Erzählung von „Max und Moritz“. Denn die betagte Dame erfreute sich nicht etwa an den prächtigen Früchten, die ihr der Baum zu bieten hatte, sondern beklagte sich über den „ersten“ Streich, den ihr Max und Moritz gespielt hatten. Die Lausbuben hatten vier Brotstückchen mit Fäden verknotet. Diese Köstlichkeiten verspeisten die drei Hühner und der prächtige Hahn der Witwe – „Aber als sie sich besinnen, konnte keines recht von hinnen.“ Das Federvieh war aneinander gefesselt. Panisch lief es umher, doch die Fäden mochten sich nicht lösen. Die gackernden Tiere „Flattern auf und in die Höh‘, ach herrje, herrjemine! Ach, sie bleiben an dem langen, dürren Ast des Baumes hangen, und ihr Hals wird lang und länger, ihr Gesang wird bang und bänger. Jedes legt noch schnell ein Ei, Und dann kommt der Tod herbei.“ Der ganze Stolz von Witwe Bolte starb aufgrund einer hinterhältigen Tat.
Hühnerzüchter und Vogelliebhaber können sicherlich mit der Witwe mitfühlen. Der Anblick des Apfelbaumes mit den an Fäden an einem Ast baumelnden Tieren muss wahrlich ein Schock gewesen sein. Nun hängt natürlich nicht in allen Obstbäumen Federvieh, sondern – zumindest wenn die Witterung wohlgesonnen ist – reiche Frucht. Obstbauern und Landwirte rufen dann ebenfalls aus: „Meines Lebens schönster Traum hängt an diesem Apfelbaum!“